Am Samstag war ich (Marcel) – trotz nicht berauschenden Wetters – auf der Suche nach zwei Libellenarten. Einer sehr prächtigen und einer sehr seltenen. Angefangen hat meine kleine Tour morgens in der Moosschwaige bei Aubing. Die Moosschwaige ist ein altes, unter Denkmalschutz stehendes Gutsschlößlichen am Münchner Stadtrand – abseits anderer Bebauung. Das Gut wird heutzutage noch von einer Immobilienfirma als Firmenresidenz genutzt.
Auf dem ehemaligen Gutsgrundstück entspringt der Erlbach. Er fliesst unter Naturschutz stehenden Streuobstwiesen vorbei und durchfliesst zuerst die ehemaligen Fischteichen des Guts. Die Fischteiche sind ebenso wie die Streuobstwiesen ein Biotop und stehen unter Landschaftsschutz. Die Weiher sind nicht betretbar und ähneln eher Urwäldern als alten Fischteichen. Durch das Dickicht führen vereinzelt Trampelfade der Jäger zu ihren Jagdsitzen (was jagt man denn so im Biotop? Da mach ich mir ja schon Sorgen um Ente, Gans und Eisvogel…), von dort bekommt man schon einen tollen Blick auf den Erlbachweiher. Das ganze Biotop Moorschwaige ist ein Winterrastplatz für Zugvögel.
Dort wo der Erlbach den Weiher verläßt steht ein Bank und man kann wunderbar die Gänse und Enten auf dem See beobachten. Dieses Stück des Baches war mein eigentliches Ziel. Dort fliesst er direkt neben dem Weg. Der Erlbach ist seit einigen Jahren wieder die Heimat der Blauflügel-Prachtlibelle (Calopteryx virgo). An warmen Tagen sollen sie dort in erklecklicher Anzahl vorkommen. Auch an diesem Samstag, bei kaltem Wetter und sogar am Sonntag bei strömenden Regen (am Sonntag leider ohne Kamera) waren einige anzutreffen. Samstag konnte ich einen Schlupf beobachten und Sonntag hatten wir dann neben etlichen Männchen auch ein Weibchen. So tropfnass wäre sie bestimmt ein tolles Motiv gewesen.
Die Blauflügel-Prachtlibelle stellt hohe Ansprüche an ihr Gewässer, sie reagiert sehr empfindlich auf Gewässerverunreinigungen und benötigt kalte, nährstofffarme und schneller fliessende Bäche. Dementsprechen selten ist ihr Vorkommen. Sie gilt laut Roter Liste in Deutschland als gefährdet (3) und in Bayern steht sie auf der Vorwarnstufe (4). Einzig im Saarland und in BaWü ist sie ungefährdet. In der norddeutschen Tiefebene kommt sie nicht vor.
Die Larven der Blauflügel-Prachtlibelle leben zwei Jahre im Wasser, die Imagines leben dann noch bis zu zwei Monate und nutzten diese Zeit zur Fortpflanzung.
Neben den Prachtlibellen hatte ich noch eine frühe Adonisjungfer und eine schöne Schnepfenfliege sowie eine rote Tanzfliege. Anschliessend ging es in einen anderern Teil dieser ehemals riesigen Moorlandschaft im Nordwesten Münchens. Es ging in den Niedermoorwald Schwarzhölzl bei Karlsfeld vor den Toren Dachaus.
Das Schwarzhölzl ist ein Biotop, dessen Bestehen eng an das Leben des 2010 zu jung verstorbenen Naturschützer Josef Koller gebunden ist. Er kämpfte schon vor dem Bau der Ruderregattaanlage, die in der Gegend den Grundwasserspiegel um 1,5 Meter absinken liess und im Zuge deren Baus Gehölze zerstört und Streuobstwiesen vernichtet wurden, für das Schwarzhölzl als Biotop. Die Ganze Geschichte (bis 1990 ) des Schwarzhölzls kann in Josef Kollers Buch “Geliebtes Schwarzhölzl” nachgelesen werden. Einen kurzen Überblick gibt es auch auf wikipedia.
Am Schwarzhölzl kann man, meiner Meinung nach, gut erkennen, was Großereignisse wie Olympische Spiele für negativste Auswirkungen auf die Natur haben. Aber das ist ein anderes Thema und ist für München hoffentlich für immer vom Tisch (ich befürchte ja nicht, schliesslich wollen die Münchner Politiker von Schwarz über Rot bis Grün sich ja gerne ein Denkmal setzten).
Aber mein Besuch im Schwarzhölzl diente eigentlich dem Auffinden der Helm-Azur-Jungfer Coenagrion mercuriale. Der vermutlich seltensten Kleinlibelle Deutschlands. Das liegt wohl zum einen daran, dass ihr Verbreitungsschwerpunkt in Südeuropa liegt und dass ihr Lebensraum, genau wie bei den Prachtlibellen, sehr spezialisiert ist. Sie benötigt langsam fliessende, warme und kalkhaltige Gewässer, die im Winter noch Vegetation haben und am besten im Sommer zugewachsen sind. In ganz Deutschland und auch in Bayern ist sie laut Roter Liste vom Aussterben bedroht (1) nur in BaWü (3), Thüringen (2) Schleswig (2) und Brandenburg (R) steht es etwas besser um sie. Die Gräben um das Schwarzhölzl sollen eines der größten Verbreitungsgebiete der Helm-Azur-Jungfer in Deutschland sein. Aber Danke des kalten Wetters konnte ich keine antreffen. Nur eine Große-Pechlibelle fror sich ihr Abdomen ab.
Willi, der zwar nicht für das Schwarzhölzl als Biotopbetreuer zuständig ist sondern ein anderes betreut, hat mir zwei kleine Gewässer gezeigt in denen auch wieder Wechselkröten laichen und in dessen Umgebung ein paar schöne Knabenkräuter wuchsen. Auch verriet er mir wo eigentlich die Jungfern zu finden seien. Es war sehr schön sich mit ihm zu unterhalten, so bekam ich ein paar Informationen über das Biotop aus erster Hand. Danke. Danke auch an das radelnde Ehepaar, dass mir noch Tipps für weitere Libellenweiher in der Nähe gab.
Am Riemer See waren wir auch noch, nur um einen Vergleich mit dem Jahr 2012 zu haben. Damals waren am 28. Mai (gut, zwei Tage später) etliche Bläulinge, Große Blaupfeile und ungezählte Kleinlibellen unterwegs. Heuer nichts dergleichen. Jule hatte einen Hauhechelbläuling, der sich Dank seines gefrosteten Zustandes (durch die Novemberkälte, nicht durch Eisspray) wunderbar ablichten lies und ich hatte einen Purpur-Zünsler, der auch nicht allzu scheu war. An Libellen gab es sonst nur Winterlibellen. Die wundern sich bestimmt auch, warum der Winter nicht enden will. Also 2013 wird in die Geschichte eingehen als das Jahr, das keinen Frühling hatte…
HOFFEN WIR AUF BESSERES WETTER !!!!
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[…] Blauflügel-Prachtlibelle (Calopteryx virgo) konnten wir später am Erlbach in der Moosschwaige bei ihrer Verwandlung beobachten. Ein immer wieder tolles […]