Coenagrion hylas - Sibirische Azurjungfern

Coenagrion hylas – Sibirische Azurjungfern

Es gibt in Europa viele interessante und seltene Libellenarten, so kommt auf den Azoren eine Pechlibellenart vor, die sich IMMER ohne Männchen fortpflanzt und aus deren  unbefruchteten Eiern immer Weibchen schlüpfen. Es scheint bei ihnen auch kein Parasit zu sein, der dieses Verhalten auslöst – dies ist es nach heutigem Wissen bei bei anderen Insektenarten immer der Fall. Aber um diese interessante Spezies ging es uns am Pfingstwochenende nicht. Denn die Azoren sind doch zu weit weg und in mittlerer Entfernung, im schönen Tiroler Lechtal, ist eine andere Besonderheit zuhause.

Habitat der Bileks-Azurjungfer

Habitat der Bileks-Azurjungfer

Es gibt eine kleine blaue Libelle, die ähnlich den anderen kleinen Libellen aussieht, die in Europa aber kaum jemand außerhalb der Insekten und Libellenverrückten jemals zu Gesicht bekommt. Oder bewusst als Besonderheit wahrnimmt.

Sibirische Azurjungfer beim Mittagsmahl

Sibirische Azurjungfer beim Mittagsmahl

Dies liegt daran, dass in Europa momentan  nur ungefähr 14 Gewässern in Tirol bekannt sind, an denen diese Art angetroffen werden kann. Sonst muss sie im fernen Sibirien gesucht werden. Deswegen heißt sie auch Sibirische Azurjungfer (Coenagrion hylas). Anfang der 50er Jahre wurde sie von Alois Bilek in Bayern entdeckt und seitdem sind die europäischen Populationen unter dem Namen Bileks Azurjungfer bekannt. Es ist bisher noch nicht abschließend geklärt ob es sich bei den europäischen Sibirischen Azurjungfern um die Unterart Coenagrion hylas freyi oder vielleicht sogar um eine eigene neue Art handelt.

Kristallklares Wasser

Kristallklares Wasser

Die Population in Deutschland war in den 60er Jahren bereits ausgestorben (nach anderen Quellen anfang der 70er Jahre9. Es wird immer wieder behauptet, dass die Sammelleidenschaft der Libellenforscher dazu beigetragen hat, deswegen werden die heutigen Gewässer auch nur unter der Hand weitergegeben. Aber eine Gemeinde macht mit den  Bileks Azurjungfern schon Werbung und auch im Libellenführer für Tirol ist der bekannteste Fundort genannt.

Schautafel an einem Habitat

Schautafel an einem Habitat

Dieses Habitat ist leider sehr empfindlich was den Besuch angeht und daher ist mir die Werbung der Gemeinde dafür auch nicht wirklich verständlich. Wir werden den Fundort auch hier auch nicht nennen und auch auf Nachfrage nicht herausgeben.

Auch seltene Arten werden gefressen

Auch seltene Arten werden gefressen

Als Libelle mit einer 5000km entfernten kalten Heimat stellt sie in Europa besondere Bedingungen an ihr Habitat. Es muss sich für die Libellenlarve wie Sibirien anfühlen, d.h. im Winter sollte es knackig kalt sein und das Gewässer sollte zufrieren und im Sommer sollte es schnell warm sein und von der Sonne beschienen werden. Dazu kommt, dass es kalkhaltig und klar sein sollte und unbedingt einen Zu und einen Ablauf benötigt.

Häufig am selben Gewässer anzutreffen: Adonisjungfer

Häufig am selben Gewässer anzutreffen: Adonisjungfer

Der Aufenthaltsort der Libellen und vermutlich auch der Larven ist der nährstoffreiche Zulauf und der Ablauf wird benötigt, damit Strömung im Gewässer ist. Und dann dürfen nicht zu viele Fische im Gewässer sein, da die Larven sonst gefressen werden.

Männchen und Weibchen der Bileks Azurjungfer

Männchen und Weibchen der Bileks Azurjungfer

Da sind wir mal wieder beim Fischbesatz vielen Gewässer, er ist einfach zu hoch und stellt keinen Naturschutz dar. Aber erzähl das mal jemand der Anglerlobby. Als Taucher freue ich mich ja über viele Fische aber als biologisch Interessierter ganz und gar nicht.

Sibirische Azurjungfer

Sibirische Azurjungfer

Es ist bisher auch noch nicht geklärt, was die Libelle hier in Europa macht und warum sie hier ist. Sind es verirrte Populationen oder aber Relikte der letzten Eiszeit, die – wie die Murmeltiere – in geeigneten Nischen den Klimawandel überdauert haben. Es soll noch Populationen am Ob geben.

Frisch geschlüpfte Coenagrion hylas

Frisch geschlüpfte Coenagrion hylas

Mit diesen Ausgangsbedingungen sind Grenzen der Gewässer für die Coenagrion hylas schon sehr eng gesetzt. Für den geneigten Libellenfeund und die geneigte Libellenfreundin wird es aber noch schwerer. Denn die Sibirische Azurjungfer ist eine Diva. Sie fliegt nur bei Sonnenschein und die kleinste Wolke vertreibt sie wieder. Aber das reicht natürlich noch nicht um unser Leben schwer zu machen, sie fliegt auch nur rund vier Stunden um die Mittagszeit herum. Danach soll sie wohl ihr Ruhequartier an den südlichen Hanglagen aufsuchen – gerne weiter vom Gewässer entfernt.

Zuflussbereich zu einem Habitat

Zuflussbereich zu einem Habitat

Alles keine optimale Voraussetzung für tolle Fotos, Mittags bei gleißendem Sonnenschein. Dazu ist sie noch recht territorial und verteidigt fliegend ihr Revier gegen Artgenossen und den an ihren Gewässern häufigen Adonisjungfern. Sie setzt sich eigentlich nur zum fressen hin und ab und an als Paarungsrad – ist dann aber nochscheu und fliegt bei kleinster Störung auf.

Enzian im Libellenrevier

Enzian im Libellenrevier

Aber wir hatten zwei heiße, sonnige und schöne Tage mit ihr an ihren Gewässern und gehören nun zu den wenigen Menschen, denen der Anblick dieser Libelle (bewusst) vergönnt war.

Sibirische Azurjungfer

Sibirische Azurjungfer

Achja, es wird vermutet, dass es auch auf deutscher Seite in den Alpen noch Vorkommen geben könnte. Also ab in die Berge und suchen…