Ende Juni ist die beste Zeit um sich in Mitteleuropa auf einen ganz besonderen Ausflug zu begeben. Für Libellenfreunde und an seltenen Tierarten Interessierte ist es die lang erwartete Flugzeit einer unscheinbaren kleinen, blau-schwarzen Libelle. Die in Deutschland vermutlich nicht mehr vorkommende Sibirische-Azurjungfer Coenagrion hylas (Trybom, 1889) fliegt dann in ganz wenigen Habitaten in Tirol in Österreich – und natürlich in Sibirien…
Die in Mitteleuropa vorkommenden Sibirischen Azurjungfern sind (im deutschen Sprachraum) nach ihrem Entdecker, dem bayrischen Naturforscher und Insektenkundler Alois Bilek benannt. Er hatte sie in den 50er Jahren am bayrischen Zwingsee entdeckt und damals noch für eine eigene Art gehalten. In Bayern ist sie leider seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts ausgestorben. Im englischen Sprachraum heißt sie weiterhin Siberian bluet.
Laut Boudot und Kalkman (2015) sind momentan 14 Vorkommen mit bis zu 5000 Individuen pro Jahr bekannt. Wir kennen wohl nur die kleineren Habitate. Es scheint in den letzten 10 Jahren kein weiteres Vorkommen entdeckt worden sein, da Landman et al 2005 auch schon von 14 Vorkommen berichtet haben. Es werden aber noch immer unentdeckte Vorkommen vermutet.
In Österreich wurde die C. hylas 1973 in einem See am Fernpass entdeckt, starb dort aber auch innerhalb weniger Jahre aus. Erst dem Niederländer Hermans gelang 1986 eine Wiederentdeckung im Tiroler Lechtal (Kiauta & kiauta 1991). Beide Fundorte wurden geheim gehalten. 1992 bzw. 1996 entdecken Schubert und Bellman jeweils ein weiteres Vorkommen im Lechtal. Dort sind heute sieben Vorkommen bekannt. Andere Vorkommen befinden sich im oberen Inntal, z.T. auf über 1500 m.
Die Art zu entdecken und zu beobachten ist gar nicht so einfach, denn nur an sonnigen Tagen um die Mittagszeit sind die Individuen am Gewässer anzutreffen. Nach unserer Erfahrung sind zuerst die Männchen am Gewässer am Patrouillieren, dort vertreiben sie eifrig Artgenossen und andere Kleinlibellen.
Später kommen dann auch die Weibchen an das Gewässer und werden dort sofort von den wartenden Männchen gepackt. Andere Männchen versuchen die Tandems und Paarungsräder zu stören, um sich dann selber das frei gewordene Weibchen schnappen zu können.
Die Paarungsräder setzen sich anschliessend in die Vegetation (an dem von uns beobachtetem Gewässer waren es überwiegend Nadelgehölze und vereinzelt Gräser oder auch mal ein Enzian) und bleiben über einen längeren Zeitraum zusammen. Die Eiablage erfolgt im Tandemflug.
Wobei dann auch hier wieder andere Männchen versuchen das Tandem zu zerstören und sich mit dem Weibchen zu paaren. Bei den Angriffen kann es schon einmal passieren, dass ein Weibchen ins Wasser stürzt und von seinem Männchen verlassen wird. Durch unsere Rettungsaktion konnten wir dann das hier abgebildete Weibchen in aller ruhe fotografieren.
Die Sibirische Azurjungfer ist nicht nur selten und schwer zu finden sondern auch sehr kamerascheu. Erst muss man einmal ein Exemplar finden, das nicht fliegt oder gerade von einem Konkurrenten vom Ansitz vertrieben wird. Dann kann man sich ihm nähern. Aber auch wenn man sich vorsichtig anschleicht, fliegen die Imagines sofort wieder auf und setzten sich ein paar Zentimeter weiter entfernt hin. Das Spiel kann man beinahe unendlich oft wiederholen.
Besser wird es, wenn die Weibchen am Gewässer sind und sich Paarungsformationen gefunden haben. Hat sich das Paar erst einmal zur Paarung in die Vegetation begeben, dann stört es so schnell nichts mehr – durch die dauernden Angriffe der Rivalen ist es wohl abgehärtet.
Das Habitat, das wir besucht haben, werden wir hier aus Schutzgründen nicht nennen. Aber wer gerne einmal eine Bileks-Azurjungfer sehen möchte, der kann an den Riedener See fahren und den dortigen Lehrpfad nutzen. Es besteht ein absolutes Betretungsverbot des Moores/Ufers, welches auch kontrolliert wird und bei Verletzung ordentliche Geldstrafen nach sich zieht. Aber trotzdem kann man dort Imagines fliegen sehen. Und wenn man – im sehr unwahrscheinlichen Fall – keine Bileks-Azurjungfer sehen sollte, dann kann man diesen unglaublich tollen See geniessen.
Alle Fotos wie immer von Jule und Marcel aufgenommen. Zum Einsatz kamen Canon 100mm 2.8L an 7D und 5DMK3 sowie ein Reflektor bzw. eine Basecap.
[…] Tag des noch jungen Sommers haben wir, nachdem wir bei den Bileks-Azurjungfern waren, genutzt um auch endlich wieder die Brenne (öster. Heißlände) Freisinger Buckl zu […]