Wer sich intensiver mit Libellen beschäftigt, der hegt auch den Wunsch eine Winterlibelle im Winter anzutreffen. Libellen im Winter werden sich die interessierten LeserInnen fragen, gibt es die in Deutschland? Ja, genau wie bei den Schmetterlingen so gibt es auch bei den Libellen Arten die als Imago, also als geschlechtsreifes flugfähiges Insekt und nicht als Larve, Ei oder Puppe überwintern.

Farblich gut getarnt - die Winterlibelle

Farblich gut getarnt – die Winterlibelle

In Deutschland gibt davon zwei Arten, beides sind Kleinlibellen, genauer gesagt Teichjungfern (Lestidae). Am verbreitetsten ist die Gemeine Winterlibelle (Sympecma fusca); ihre Schwesternart ist die Sibirische Winterlibelle (Sympecma paedisca). Diese ist in Deutschland erheblich seltener und mir war es bisher nicht vergönnt eine zu finden. In diesem Artikel werde ich mich nur auf die Gemeine Winterlibelle beziehen. Sie leben dadurch für Libellen  sehr lange, nämlich bis zu 11 Monaten.

Gemeine Winterlibelle, beide Flügel auf einer Seite

Gemeine Winterlibelle, beide Flügel auf einer Seite

Im Frühjahr sind die Winterlibellen die ersten Libellen am Gewässer, noch vor den Adonisjungfern. Auch gehören sie mit zu den letzten Libellen, die man noch fliegen sehen kann. Wenn dann der Frost einsetzt ziehen sie sich in ihre Winterverstecke zurück. Ich war heute, leider erfolglos, auf der Suche nach den Winterverstecken der Libellen.
An warmen Tagen soll man sie auch im Winter fliegen sehen. Daher auch der Name.
Ich habe zwei Orte besucht, an denen sie auch bis spät in den Herbst anzutreffen waren. Davon ist eins sehr geschützt gelegen und hätte auch al Überwinterungshabitat dienen können. Da meine Suche nicht von Erfolg gekrönt war, möchte ich die Gemeine Winterlibelle hier ein wenig detaillierter vorstellen, vielleicht habe ich das Glück und sie wird von jemanden auf dem Sonntagsspaziergang entdeckt – und dann würde ich mich natürlich über eine Mitteilung freuen.
Sie sitzen gerne auf den Unterseiten von Halmen und verstecken sich auf der Rückseite, so dass man nur die Augen und Füßchen sieht.

Aussehen

Die Gemeine Winterlibelle ist 20-22mm lang und ist hellbraun mit dunkelbrauner/bronzener Zeichnung. Männchen wie Weibchen sehen bis auf die Hinterleibsanhänge gleich aus. Wie alle Teichjungfern legen Winterlibellen ihre Flügel in Ruhestellung gerne auf eine Seite des Körper. Am ehesten kann man die Gemeine Winterlibelle von der Sibirischen Winterlibelle am Rand des Antehumeralstreifens (oberer Streifen auf dem Thorax) unterscheiden. Bei der Gemeinen ist er gerade, bei der der Sibirischen gewellt. Außerdem ist der Humeralstreifen (Seitenstreifen) auf dem Körper bei der Gemeinen Winterlibelle breiter.

Gemeine Winterlibelle

Gemeine Winterlibelle

Verbreitung

Die Gemeine Winterlibelle kommt in ganze Mittel- und Südeuropa vor. Die Verbreitung reicht bis nach Vorderasien und Nordafrika.  Auf den britischen Inseln fehlt sie.

Sie ist zwar in ganz Deutschland verbreitet aber selten in hoher Dichte.  Im Rheintal und in den niederen Lagen Bayerns und Baden-Württembergs.
In Bayern hat sie ihren Verbreitungsschwerpunkt  im Mittelfränkischen Becken und in Alpenvorland. Die Höhenausbreitung reicht in Südbayern bis 650m und in Nordbayern bis 500m. Hauptflugzeit in Bayern  Ende April und Anfang Juni. In Bayern gilt sie als gefährdet, Rote Liste 3. So auch in Deutschland und Österreich.

In Tirol kommt sie wohl nur noch an einem kleinen Uferabschnitt des Krummsees vor.

Gemeine Winterlibelle auf der Halmrückseite

Gemeine Winterlibelle auf der Halmrückseite

Habitat Sommer

Ihre Lebensraum in Deutschland sind Stillgewässer mit bewachsenen Flachwasserzonen. In Bayern fanden sich die meisten Fundorte an Teichen und Seen. Die größe der Gewässer spielt keine Rolle. Sie bevorzugen klimatisch begünstigte Gegenden, da für Larvenenentwicklung recht hohe Wassertemperaturen benötigt werden.

 Habitat Winter

Das winterliche Habitat stellt uns noch immer vor einige Rätsel und ist nicht abschließend geklärt. Bekannt ist, dass sie sich bis zu mehrere Kilometer vom Gewässer entfernen können.
So suchen sie sich wohl dauerhaft schattige Plätze auf um tagsüber nicht den täglichen Temperaturschwankungen zu unterliegen. Aber darüber hinaus sind verschiedenste Fundorte bekannt. Von frei an Halmen sitzenden Individuen über tief in der Vegetation sitzenden bis zu in Mauerritzen verharrenden Libellen reicht das vorkommen.
Wichtig ist, dass die Überwinterungsorte windgeschützt sind.

Gemeine Winterlibelle nach der Überwinterung

Gemeine Winterlibelle nach der Überwinterung

Literatur

  • Die Binsenjungfern und Winterlibellen Europas
    Die Libellen Europas Bd. 3, Lestidae, Die Neue Brehm-Bücherei Bd. 631
    Reinhard Jödicke, 1. Auflage von 1997, Magdeburg
    ISBN: 3-89432-460-0
    Amazon-Link*  oder direkt bei Westarp
  • Die Libellen Tirols (vergriffen??? oder nicht überall lieferbar)
    Armin Landmann, Gerhard Lehmann, Franz Mungenast, Hermann Sonntag, Innsbruck 2005
    ISBN: 3-85093-185-4
    Amazon*(gebraucht) oder beim österreichischen Verlag berenkamp
  • Field Guide to the Dragonflies of Britain and Europe (englisch)Klaas-Douwe B. Dijkstra; Richard Lewington, 2. Auflage 2010, Gilingham, UK
    ISBN: 978-0-9531399-4-1
    Amazon-Link*  oder für Anfang 2014 die deutsche Ausgabe bei Ecobookstore oder buch7 vorbestellen.
  • Libellen in Bayern (Libellen-Verbreitungsatlas)
    Bearbeitet von Klaus Kuhn und Klaus Burbach, Hrsg: Bayrisches Landesamt für Umweltschutz und Bund Natruschutz in Bayern e.V., Ulmer, 1998, Stuttgart
    ISBN: 3-8001-3495-0
    Ecobookstore oder buch7 oder direkt bei Ulmer
Winterlibelle am Morgen

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