Nachdem wir euch vor zwei Wochen mit unseren Bläulingen den ersten Rückblick auf das  Schmetterlingsjahr 2013 gegeben haben, kommt nun der zweite Teil. Diesmal sind die Wiesenvögelchen an der Reihe. Sie gehören zur Gattung Coenonympha und zur Unterfamilie der Augenfalter aus der Familie der Edelfalter. In Bayern kommen alle 7 in Deutschland vertretenen Wiesenvögelchen-Arten vor. Uns ist es gelungen davon vier Arten zu finden.

Das Kleine Wiesenvögelchen – Coenonympha pamphilus

Kleines Wiesenvögelchen

Kleines Wiesenvögelchen

Das bekannteste und am weitesten verbreitete Wiesenvögelchen ist das Kleine Wiesenvögelchen (Coenonympha pamphilus). Es kommt in ganz Deutschland in bis zu drei Generationen von Ende April bis September oder in warmen Jahren bis in den Oktober vor.
Die Überwinterung findet im dritten oder vierten Larvenstadium statt. Larven und Eifunde sind aber eher selten und für Bayern kaum dokumentiert.
Der Bestand ist noch stabil und nicht gefährdet. Eine weitere Intensivierung der Landwirtschaft, zu häufige Mahd und zu starke Düngung können aber auch die Lebenssituation dieses robusten Falters gefährden. Am wohlsten fühlt sich der kleine Falter in Bayern auf Magerrasen mit zweimaliger Mahd oder traditioneller Viehbeweidung (Ulmer, 2013). Das Kleine Wiesenvögelchen konnte bis zu einer Höhe von 1900m gefunden werden. Wir haben es u.a. am Riemer See und auf dem Campeon gefunden.

Das Weißbindige Wiesenvögelchen – Coenonympha arcania

Weißbindiges Wiesenvögelchen

Weißbindiges Wiesenvögelchen

Die zweithäufigste Coenonympha-Art in Bayern ist das Weißbindige Wiesenvögelchen. Es kommt ebenso wie das kleine Wiesenvögelchen in ganz Deutschland vor und tritt in Bayern in einer Generation zwischen Mai und August auf. In Deutschland und Bayern steht es noch nicht auf der Roten Liste, aber in Sachsen ist es z.b. vom Aussterben bedroht (RL 1).
Auch in Bayern kommt die Art nicht flächendeckend vor, in Gebieten mit sehr starker Landwirtschaft fehlt das Wiesenvögelchen. Im Allgemeinen reagiert das Weißbindige sehr empfindlich auf Veränderungen im Habitat. Es mag wie sein kleiner Verwandter gerne Magerrasen aber auch lichte Waldränder und Streuobstwiesen. Laut Ulmer (2013) ist leider ein Rückgang im Münchner Raum zu verzeichnen. Das Weißbindige Wiesenvögelchen kommt bis 1800m Höhe vor. Wir fanden ein Exemplar in Trudering am Friedrich-Panzer-Weg.

Das Wald-Wiesenvögelchen – Coenonympha hero

Wald-Wiesenvoegelchen  - Coenonympha hero

Wald-Wiesenvoegelchen – Coenonympha hero

Nun kommen wir zu einem echten Bayern. Das Wald-Wiesenvögelchen hat in Europa neben dem Baltikum sein Hauptverbreitungsgebiet in Bayern. Es kommt in Deutschland nur noch in Bayern (Rote Liste 2) , in Baden-Würtemberg (RL1) und in Rheinland-Pfalz (RL1) vor. Es ist eine der 16 in Anhang IV der FFH-Richtlinien aufgeführten Arten und damit nach Bundesnaturschutzgesetz geschützt.
Da es doch zu den eher selteneren Arten gehört, haben wir uns urst gefreut als wir es im Benediktenfilz am Wegesrand rumflattern sahen. Ursprünglich ist das Vögelchen ein Auen-Bewohner. An Isar, Donau oder Wertach ist es noch zu finden. Im Voralpenland siedelt es u.a. an Moorwiesenbrachen.
Die Flugzeit beginnt im Mai und endet schon im August.  Es überwintert meist im 3. Larvenstadium und die Raupe beginnt gleich nach der Schneeschmelze mit dem Fressen. Die Höhenverbreitung geht in Bayern bis 800m. Die Hauptverbreitung liegt bei 500-800m (Ulmer, 2013), was am Verbreitungsschwerpunkt in den voralpinen Mooren liegt. Das C. hero ist europaweit massiv bedroht. Auch für die Zukunft in Bayern sieht es nicht wirklich gut aus. Immer mehr altbekannte Bestände verschwinden und es kommen so gut wie keine neuen mehr hinzu. Der vom Wald-Wiesenvögelchen benötigte Lebensraum passt leider nicht zur modernen Land- und Forstwirtschaft (Notiz an mich: Unbedingt ein ausführliches Artenportrait machen).

Das Große Wiesenvögelchen – Coenonympha tullia

Grußes Wiesenvögelchen C. tullia

Grußes Wiesenvögelchen C. tullia

Das Große Wiesenvögelchen gehört leider auch zu den bedrohteren Arten, so führt es die bundesweite Rote Liste als stark gefährdet (2). In einigen Bundesländern gilt es als vom Aussterben bedroht oder ist sogar schon ausgestorben.
In Bayern kommt das C. tullia noch  in den Mooren des Voralpinen Hügellandes vor. Es lebt in Nieder und Übergangsmooren. In den Hochmooren ist es in Bayern im Gegensatz zu anderen Gebieten Europas kaum verbreitet (Ulmer 2013).  In Nordbayern gibt es aktuell nur noch drei belegt Fundorte. Alle anderen ehemaligen Fundorte sind durch Landwirtschaft, Aufforstung und Trockenlegung zerstört. Im Münchner Raum ist der Bestand durch die Trockenlegung des Erdinger Mooses fast komplett erloschen. Im West-Allgäu und im württembergischen Alpenvorland sind die Bestände vermutlich auch erloschen. Für Mitteleuropa sind die Moore des bayrischen Voralpinen Hügel- und Moorlandes die bedeutendsten Bestände. Der Erhalt der dortigen Streuobstwiesen sichert das Überleben dieser Art in Bayern.
Die Flugzeit der Art ist stark von der Höhenlage abhängig beginnt in Bayern aber Ende Mai und endet Anfang August.  Die Höhenverbreitung geht bis knapp 1300m. Wir konnten dieses Kleinod im Niedermoor an der Weihermühle finden.

Naturschutz vs Landwirtschaft

Kleines Wiesenvögelchen am frühen Morgen

Kleines Wiesenvögelchen am frühen Morgen

Letztens wurde ich gefragt, warum ich mich so vehement für den Naturschutz einsetze und da eher etwas dogmatisch bin? Ich habe es u.a. mit der Gefährdung von Flora und Fauna durch die industrialisierte Land und Forstwirtschaft versucht zu erklären. Doch in der öffentlichen Wahrnehmung steht die Landwirtschaft viel besser dar und überall werden Biobauern gesehen und vermutet. Felder und Äcker sind grün und werden auch als Natur wahrgenommen, dass es nur noch Agrar-Wüsten sind, das sieht leider keiner…
Hoffen wir, das die Naturraumzerstörung nicht weiter voran schreitet und vielleicht sehen wir nächstes Jahr noch die fehlenden Wiesenvögelchen-Arten in Bayern…