Kegelrobbenjunges

Kegelrobbenjunges

Wer in Deutschland Kegelrobben sehen möchte fährt entweder auf die der Hochseeinsel Helgoland vorgelagerte Insel Düne oder hat Glück eine der nicht ermordeten (1) wenigen Tiere im Greifswalder Bodden zu sehen. Für die Norddeutschen kein Problem.  Von Süddeutschland kommt man zwar im Sommer recht gut nach Helgoland. Flug nach Hamburg von dort mit dem schnellen Schiff auf die Insel. Von da kann man dann Tagesausflüge auf die Düne machen. Aber im Sommer sind keine Robben da. Und erst recht keine Robbenbabies. Für die Vogelbeobachtung lohnt sich trotzdem ein Besuch Helgolands.

Junge Kegelrobbe

Junge Kegelrobbe

Im Winter gestaltet sich das ganze schon etwas schwieriger. Denn von Hamburg fahren die Schiffe im Winterfahrplan nicht. Alternativ geht es nur mit dem gemütlichen Dampfer von Cuxhaven auf die Insel und das auch nicht am Sonntag. Das heisst man muss am Freitag nach Hamburg / Bremen / Hannover fliegen oder mit dem Zug fahren und dann weiter nach Cuxhaven mit der Bummelbahn und dort eine Nacht verbringen, um am nächsten Tag um 10:30 mit dem Schiff nach Helgoland zu kommen. Angekommen muss man dann einchecken und kommt wegen Dunkelheit erst an Tag drei zu den Robben. Und das alles nur, wenn das Wetter auch mitspielt. Die Rückreise ist ähnlich kompliziert. Bei der Reisezeit kommt man auch nach Indonesien. Oder, wenn es um Robben im allgemeinen geht, auch nach Kapstadt (Südlicher Seebär) oder Mexiko (Seelöwe).

Junge Kegelrobbe

Junge Kegelrobbe

Da wir aber unbedingt zu Kegelrobben wollten und uns 4-5 Reisetage mit der Chance auf sturmbedingte Ausfälle von Fähren / Schiffen nicht so optimal erschienen, musste eine andere Lösung her. Nach einer kurzen Internet-Recherche präsentierte Jule die Lösung: Horsey. Noch nie gehört? Marcel auch nicht. Horsey liegt in der beschaulichen Grafschaft Norfolk in Süd-Ost-England.

Junge Kegelrobbe

Junge Kegelrobbe

Von München kommt man leichter an die Englische Küste als auf die Insel Helgoland. Man fährt mit dem Auto oder Bus zum Allgäu-Airport in Memmingen und fliegt dann mit Ryanair weiter nach London Stansted. Ryanair hat einen schlechten Ruf und die Personalpolitik ist mehr als nur fragwürdig aber die Flüge sind zuverlässig und das Essen war auch diesmal wieder sehr gut (leckeres Chicken Tikka). Über Ryanair bekommt man auch günstig Mietwagen und mit dem fährt man dann vom nordöstlich von London gelegen Flughafen 150 Meilen nach Norfolk. Man ist also in einem Tag am Ziel und kann, wenn man den frühen Flug genommen hat, am Nachmittag schon Robben beobachten.

Junge Kegelrobbe

Junge Kegelrobbe

Wir Langschläfer sind natürlich erst mit dem späten Flieger nach England aufgebrochen und dann über Autobahnähnliche Straßen und sehr schmale Landstraßen mit unserem kleinen weißen Autos nach Stalham gefahren. Wer in England noch nicht selber Auto gefahren ist, der wird von den vielen Roundabouts, sprich Kreiseln, erstaunt sein.

Junge Kegelrobbe

Junge Kegelrobbe

Gewohnt haben wir im Landgasthof Wayford Bridge Inn etwas außerhalb von Stalham. Ein sehr gemütlicher Gasthof, mit tollem Essen. Morgens leckeres Full English Breakfast oder auch (süßen oder salzigen) Porridge, am Nachmittag leckeren Tee mit warmen Scones und Clotted Cream. Abends gab es traditionelle englische Küche, z.B. Lammleber oder den Pie of the day. Und immer serviert von sehr freundlichen und zuvorkommenden Angestellten. Die Zimmer waren recht klein aber gemütlich. Einziger Nachteil ist die Landstrasse, auf der morgens recht viel Verkehr war.

Junge Kegelrobbe

Junge Kegelrobbe

Wir würden das Wayford Bridge Inn immer wieder zu unserem Basislager machen. Vom dort waren es gut 15 Minuten Fahrtzeit zum Robbenstrand. Aber alleine die Fahrt durch die schönen Norfolk Dörfer mit ihren Kirchen und alten Gebäuden war jedes mal ein Erlebnis, dazu Moorhühner, Kibitze und Schwäne in den Wiesen beim Fressen. Auch ohne Robben ein Ort für eine Reise. Nun aber zu den Hauptdarstellern unserer Reise, den Kegelrobben.

Altes Haus in Cromer

Altes Haus in Cromer

Seit ein paar Jahren kommen alljährlich ab Ende November tausende von Kegelrobben an die Strände und bringen dort ihre Jungen zur Welt. Höhepunkt ist Mitte Dezember aber auch Mitte Januar sind noch etliche der Erwachsenen und auch Nachwuchs anwesend. Es ist kein Spektakel mehr, aber wer es noch nie gesehen hat, den begeistert auch das Ende der Robbensaison. Nur um einen Vergleich zu haben ein paar Zahlen.  In Helgoland wurden in der Saison 2017/2018 rund 400 Robben geboren, in Horsey sind es über 1800 Babies. So bleibt auch für Nachzügler wie uns etwas vom Robbenspektakelkuchen übrig. Im Jahr 2001 waren es in Horsey nur 25 Babies. Jetzt werden es von Jahr zu Jahr mehr.

Panierte Robbe

Panierte Robbe

Die Friends of  Horsey Seals kümmern sich darum, dass auch alles reibungslos abläuft. Also nicht bei den Kegelrobben, die können das schon selber richten, sondern bei den Besuchern. Die Robben werden jährlich von mehr als 30 000 Besuchern beobachtet (andere Quellen sprechen von 70 000). Der größte Andrang herrscht an den Wochenenden im Dezember und an Weihnachten. Diese Zeiten sollte man wohl besser meiden.

Verliebte Kegelrobben

Verliebte Kegelrobben

Das klingt jetzt für die Robben sehr störend, aber die Strände und Dünen sind abgesperrt, nur an wenigen Stellen, die jährlich wechseln, darf man auf die Dünen und von dort den Strand sehen. Die ehrenamtlichen Helfer von den Friends of Horsey Seals achten darauf, dass keiner den Robben zu nahe kommt.  Jetzt im Januar ist unter der Woche nicht viel los und nur vereinzelte Robbenbeobachter sind auf den Wegen in Dünen anzutreffen. Leider sind die “Aufpasser” auch nicht vor Ort und ein paar Unverbesserliche müssen unbedingt am Strand lang gehen – und die ganz Blöden auch noch mit Hund.

Ohne Worte

Ohne Worte

Die Anfahrtsbeschreibung findet sich am besten bei den Friends of  Horsey Seals, wir haben am Horsey Gap geparkt, wo es leider keine Toiletten gibt. Dafür aber einen Stand mit warmen Getränken. Zum Parken muss man ein Ticket ziehen (pay-and-display car parking). Für den ganzen Tag hat das Parken 5 Pfund gekostet. Geöffnet ist der Parkplatz bis 20:00.

Werden die Mütter gestört, kann es sein, dass sie die Jungen verlassen und diese dann sterben

Werden die Mütter gestört, kann es sein, dass sie die Jungen verlassen und diese dann sterben

Fotografisch ist es im Januar vielleicht nicht so leicht, denn man hat von den Dünen aus oft eine Draufsicht auf die Robben. Im Dezember liegen wohl mehr Robben in den Dünen und man hat sie eher auf Augenhöhe. Aber auch im Januar ist man hier oft sehr nah dran, da die Robben direkt unterhalb der Dünen im Sand liegen. Das alles natürlich nur, wenn keine Idioten am Strand langgehen und die Tiere Richtung Wasser flüchten. Wie man sich verhalten soll findet sich in diesem Flyer (auf deutsch).

Die Mutter bewacht ihr Kleines

Die Mutter bewacht ihr Kleines

Warum sind denn im Januar nicht mehr so viele von den 1800 Babies anzutreffen, mag sich der eine oder andere wie auch wir uns gefragt haben. Die Erklärung ist ganz einfach. Nach der Geburt werden die Robbenbabies drei Wochen lang mit einer sehr fetthaltigen Muttermilch gesäugt und nach dem dann erfolgten Fellwechsel von Weiß nach Grau sind sie auf sich allein gestellt und müssen selber für ihre Nahrung sorgen.  Nach 5-6 Wochen sind die Robbenbabies dann im Meer. Die Weibchen paaren sich dann auch schon wieder. Und im nächsten Winter kommen sie zurück nach Horsey um zu werfen.

Robbenliebe

Robbenliebe

Für ein verlängertes Wochenende, mit Fokus auf die Verlängerung, ist der Strand von Horsey ein tolles Ziel mit günstiger Anreisemöglichkeit aus Süddeutschland. Die Alternative für ein paar Wintertage mit Seeluft und tollen Gelegenheiten zur Robbenfotografie. Es muss nicht immer Helgoland sein.

Junge Kegelrobbe

Junge Kegelrobbe

Zusammenfassung:

Wo: Horsey in Norfolk, England
Wann: Von Mitte November bis Mitte Januar. Beste aber auch vollste Zeit: Mitte Dezember
Anreise: Von Süddeutschland mit Ryanair von Memmingen nach London Stansted, dann weiter mit dem Mietwaggen
Unterkunft: Landgasthof Wayford Bridge Inn bei Stalham
Kosten: Moderat
Alternativen: Helgoland

Junge Robbe pennt in den Dünen

Junge Robbe pennt in den Dünen

Alle Fotos wie immer von Jule und Marcel, aufgenommen mit Canon Kameras und Canon Objektiven. Brennweite bei den Robben: 300mm und 600mm.

Junge Kegelrobbe

Junge Kegelrobbe

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(1) Die Fischereilobby bestreitet zwar, dass einer ihrer Klienten daran beteiligt war, fordert aber trotzdem einen Managementplan, was nichts anderes heißt als den ehemals gut 100 Kegelrobben legal den Pelz zu gehen.
Nein, nicht die Überfischung der Meer ist am Rückgang der Heringsbestände schuld sondern die jetzt noch gut 75 Robben im Bodden. Warum muss sich der Mensch immer so in die Tasche lügen? Die Meere sind leer, weil alle Fischen was das Zeug hält und bis die Netze reißen und nicht wegen ein paar dutzend Robben.

Verspielte Robbe

Verspielte Robbe